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18.04.2005
Dafür und dagegen?
Die als ‚überregional’ eingestufte Tunnelumgehung für die Kurstadt sei nach Ansicht der Bürgerinitiative der Startschuss für den schleichenden Umbau von West- und Südpfalz in eine Drehscheibe für vorwiegend europäischen LKW-Transitverkehr. Man dürfe diese Baumaßnahmen nicht isoliert betrachten. Der vierstreifige Ausbau B 10, die Ortsumgehungen B 48, B38 und B 427 dienten dazu, im europäischen Straßenverkehrsnetz eine Lücke zu schließen und damit eine West-Ost-Verbindung mitten durch das Biosphärenreservat Pfälzer Wald und Südpfalz zu schlagen.
In ihrer Stellungnahme räume die CDU-Kandidatin Flach ein, „dass nach Umsetzung des gesamten Straßenbauprogrammes unter Einbeziehung des Tunnelbaues die Verkehrsbelastung in den Ortslagen aller Gemeinden im Zuge der B 427 zunehmen wird.“ Es käme erschwerend hinzu, dass diese Gemeinden (Birkenhördt bis Winden) noch keine Ortsumgehung hätten, womit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei. Die Kritik aus diesen Gemeinden sei insoweit auch verständlich. Deshalb müsse, meint Gabriele Flach, in einer weitergehenden Verkehrsuntersuchung die Auswirkungen des Tunnelbaues auf die Verkehrsbelastungen der Gemeinden entlang der B 427 geprüft werden.
Frau Riedmaier beziehe sich in ihrer Antwort auf die Stellungnahme der Kreisverwaltung im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Planfeststellung, wo es heiße, die Ortsumgehung Bad Bergzabern dürfe nicht zum Nachteil für die umliegenden Ortschaften werden, die ebenfalls den Fremdenverkehr als notwendigen wirtschaftlichen Faktor beanspruchten. „Es soll besonderes Augenmerk auf landschaftsverträgliches Einfügen und den Immissionsschutz gelegt werden. Diese Möglichkeiten sind u. E. mit der Planung noch nicht ausgeschöpft.“ Zudem teile Frau Riedmaier die Befürchtungen der BI, dass die Strecke vom überregionalen Schwerlastverkehr angenommen werden könnte und sich somit zu einer Transitstrecke entwickele.
Von der dritten Bewerberin um das Amt, Ulrike Siener aus Bad Bergzabern, die nicht befragt wurde, ist jedoch bekannt, dass sie sich als Einzige konsequent gegen das Tunnelprojekt ausgesprochen hat und das gesparte Geld lieber für die Unterstützung von Familien einsetzen möchte.
In einem Punkt so Jung, seien sich Flach und Riedmaier bei aller Skepsis gleichwohl einig: Funktionsfähigkeit und Attraktivität des Staatsbades müssten gesichert werden. Deshalb befürworteten sie den Tunnelbau. Es gebe keine Alternative.
Jung wertet beide Positionen als hilflosen Versuch, „es irgendwie allen recht zu machen“, was letztlich Widersinn hervorrufe: „Man kann nicht für Weinbau, ruhiges Wohnen und sanften Tourismus in einer geschützten Natur eintreten und zugleich überdimensionierte Straßengroßprojekte befürworten, die genau diese „Kronjuwelen“ und damit die Lebensqualität und den Charakter einer einzigartigen Kulturlandschaft zerstören.“
Wenn die Feriengäste so zahlreich in die Region strömten, dass die Landrätin die Südpfalz stolz als aufstrebende ‚Übernachtungsmillionärin’ preise, könne es wohl nicht an einer schlechten Verkehrserschließung liegen.
Die Region drohe vielmehr auf dem Altar höherer politischer Interessen geopfert zu werden, wie es der Kampf um die Anerkennung als europäische Metropolregion und der damit verbundene EU-Euro-Segen erahnen lasse.
Eine kritische Prüfung der Planungsunterlagen für den Tunnelbau habe mittlerweile gezeigt, dass das Projekt mit allen Mittel künstlich in den „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans hoch gestuft worden sei. Falsche Tunnellänge (4,1 Km statt 2,6 Km), falsche Kostenschätzung (38,6 Mio. €, die sich verdoppeln dürften, da neue EU-Sicherheitsrichtlinien nicht berücksichtigt sind) sowie falsche Verkehrszahlen (nur 5814 Fahrzeuge statt der in der Planfeststellung genannten „bis zu 7800 Fahrzeuge täglich“) seien hierfür Belege.
Dass die Kurstadt ohne Tunnel ihren Heilbadstatus verliere, sei überdies nicht erwiesen. Zudem sei befremdlich, das weder Kurstadt noch Verbandsgemeinde sich trauten, in einer öffentlichen Veranstaltung für ihre Tunnelforderungen einzutreten.
Auch gelte es, die Relationen in den Blick zunehmen: die genannten Kosten von mindestens 40 Mio. € stehen einer Kleinstadt mit nicht einmal 8.000 Einwohner gegenüber (pro Haushalt etwa eine Summe von 15.000 Euro). Würde man diesen Betrag einsetzen, um die Heizungsanlagen der Kurstadt auf bestmöglichen Umweltstandard zu bringen, blieben noch Mittel für ein professionelles Stadtmarketing übrig. Erwirke man zudem Tempo 30 in der Kurtalstraße, wäre bei bleibendem LKW-Nachtfahrverbot weitaus mehr gewonnen.
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